Sonntag, 14. September 2014

78. Beitrag - Mittelalterliche Chronisten - Helmold von Bosau

Leider ist das Mittelalter nicht so mitteilungsbedürftig, wie man es sich manchmal wünschen würde. Zwar gibt es bereits viele Schrifttümer, doch ist ihre Anzahl noch recht überschaubar. Die wenigen Informationen, die wir durch sie gewinnen, müssen sorgfältig miteinander abgeglichen und ausgewertet werden. Zu den großen Chronisten zählen wir den bereits vielfach genannten Thietmar von Merseburg mit seiner sächsischen Kaiserchronik, Helmold von Bosau mit seiner Slavenchronik und Adam von Bremen, der über die Hamburger Kirchengeschichte berichtete. Das fatale an den Chronisten ist, dass sie sich oftmals auf einen Vorredner berufen oder das niederschreiben, was sie lediglich von anderen gehört haben wollen. Dabei kann es natürlich zu fehlerhaften Berichten kommen. Sie wissen sicherlich selbst, wie schnell Gerüchte für wahr erklärt und Erzählungen für bare Münze genommen werden können.

Die mittelalterlichen Chronisten und Geschichtsschreiber hatten dahingegen noch ein weiteres großes Problem: Es gab keine Kopiermaschinen. Bücher mussten per Hand vervielfältigt werden. Ein Fehler konnte das Werk mehrerer Tage Arbeit zunichtemachen, Korrekturmöglichkeiten gab es kaum. Ein undeutliches Zeichen konnte die Bedeutung eines Wortes ändern. Der nächste Schreiber, der eine Kopie davon anfertigen musste, las dann vielleicht ein ihm vollkommen unbekanntes oder unkenntliches Wort. Kopien von Kopien konnten so im Laufe der Zeit sehr weit voneinander abweichen. War das Wort fehlerhaft, musste der jeweilige Schreiber sich bemühen die richtige Bedeutung herauszufinden oder ein ähnliches Wort finden. Eine Sprache ist aber immer etwas Lebendiges. Möchte sie überleben, muss sie anpassungsfähig und veränderbar sein. Im Laufe der Jahre können sich so die Bedeutungen verschiedener Wörter ändern. Ein einfaches Beispiel: Zu Römerzeiten wurde ein Beiname, quasi so etwas wie ein Spitzname, vergeben, der sich über die Jahrhunderte zu einem Wort für eine beinahe uneingeschränkte Macht entwickeln sollte - aus Caesar wurde der Kaiser.

Lange Rede, kurzer Sinn. Nicht immer waren die Schreiber perfekt in ihrer Arbeit. Fehler wurden gemacht, Inhalte abgeändert und neue Bedeutungen geschaffen.

Helmold von Bosau bezog sich in seiner Chronik über die Slaven auf Adam von Bremen. Der erste Teil seiner Chronik beruht fast ausschließlich auf diesem Werk. Anschließend übernahm er mündliche Berichte und eigene Erlebnisse. Helmold gilt in der Geschichtsforschung als sehr gewissenhafter Schreiber. Nichts desto trotz war auch er nicht unfehlbar. Betrachten wir sein Werk also als wichtigen Teil unserer Geschichtsschreibung und nicht, um irgendwelche Vorurteile oder Überhöhungen der heutigen Zeit zu machen.

Wir erfahren vieles über die Gliederung und Namen der slavischen Stämme. Doch auch von deutschen Kaisern und Geistlichen ist zu hören. Sogar ein kurzer Bericht zu Thietmar von Merseburg ist zu finden. Schlachten, Hinterhalte, Verfolgung, Kriege mit Slaven und Kriege mit Nordmännern, seine Chronik würde den Stoff für ein epochales Filmwerk bieten.

Quelle:

Helmold von Bosau: Chronik der Slaven.

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