Sonntag, 2. Februar 2014

45. Beitrag - König Artus und Merseburg

Was haben der legendäre König Artus und das im Herzen Deutschlands gelegene Merseburg miteinander zu tun? Eigentlich nichts, doch genau wie die Briten besitzen auch die Merseburger eine eigene Legende rund um ein Schwert. Während es auf der Insel jedoch von einem Knappen aus einem Stein gezogen wurde, fand es bei uns ein Hirtenjunge beim Weiden seiner Herde.

„Eines Tages weidete ein Hirtenknabe seine Rinderherde auf den Feldern über der Saale. Da bemerkte er von ungefähr, daß ein Ochse am Bein blutete. Der Hirt ging zu dem Tier hin und sah dabei einen scharfen und harten Gegenstand aus der Erde hervorragen. Als er nachgrub, fand er ein großes Schwert, welches er dem finsteren und gewaltigen Hunnenkönig Attila verehrte, weil er meinte, daß das Schwert nur der Kriegsgott Mars früher haben besessen könne.“

Unweigerlich fallen bei dieser Sage 3 verschiedene Dinge auf:

1. Das Schwert - weist, wenn auch nur geringfügig, eine Parallele zu König Artus auf

2. Hunnenkönig Attila - es gibt zu ihm einige Legende aus dem Merseburger Land

3. Kriegsgott Mars - Laut der Bischofschronik verdankt Merseburg ihm den Namen 

Lösen wir die Sage einmal auf.

Das Schwert ist das Symbol für die Herrschaft in vielen Kulturen, überall auf der Welt. Der Erzengel Michael wird stets mit einem Schwert dargestellt. Als Gladius bekannt, war es die Hauptwaffe der Legionen Roms. Stammesführer, Häuptlinge und Fürsten wurde diese Waffe mit in das Grab gelegt. Während es hierzulande im Mittelalter ein Symbol für den Ritterstand war, verehrte man in Japan die Schwertkunst fast schon religiös, ähnlich wie in China gab es zudem heilige Schwerter. Uns bekannt ist Excalibur, jenes Schwert, welches die Herrin vom See Artus überreichte. Allgemein kann man Schwerter als Zeichen von Vitalität sehen, aber auch als Schutzsymbol. Es sollte die Schwachen verteidigen, trotzdem führten es meist nur die Mächtigen. Zudem war es ein Instrument der Scharfrichter.

Der Hunnenkönig Attila darf natürlich nicht im Mythos von Merseburg fehlen, immerhin ist er so legendär, dass die meisten Menschen ihn wahrscheinlich unter dem Namen Etzel aus dem Nibelungenlied kennen. Ob es dagegen jemals Hunnen in unserer Region gab, bleibt fraglich. Denn was genau sind Hunnen eigentlich? Die Forschung zerbricht sich seit Jahrzehnten darüber den Kopf. Übereinstimmend kann man jedoch sagen, dass es sich bei ihnen um ein Reitervolk handelt, sei es aus den asiatischen Steppen oder den Gebieten des Nahen Ostens. So waren es schließlich ja die berittenen Truppen der Ungarn, welche Angst und Schrecken in Sachsen und Bayern verbreiteten. Somit wurde also eine mythische Brücke geschaffen, ein epischer Kampf quasi zwischen dem deutschen König Heinrich und den blutrünstigen hunnischen Horden Attilas. Sicherlich erkennen Sie bereits am Tonfall des Geschriebenen, wie einfach es sein kann, eine geschichtliche Überhöhung zu erfinden, nur um einen Beweis für seine These zu finden.

Kein geringer als Gaius Iulius Caesar war der Gründer Merseburgs. In der Merseburger Bischofschronik war es der römische Feldherr, der mit seinen Legionen die Germanien durchquerte, an die Altenburg gelangte und sich durch die Festung auf dem Hügel herausgefordert fühlte. Seine Versuche sich diese mit Gewalt zu nehmen, schlugen fehl. Also schlossen beide Seiten Frieden und als Zeichen des gewaltigen Respektes Caesars gründete der Römer kurzerhand die Stadt Merseburg und ließ ein Heiligtum des Mars errichten. Okay, zugegebener Maßen ist dies natürlich völliger Blödsinn, die Idee dahinter aber, den Namen Merseburgs
- Mars Burg oder Burg des Mars - abzuleiten war gar nicht mal unbedacht. Das Bistum selbst war nun einmal sehr klein und von allen anderen umschlossen. Es gab keine Möglichkeit sich auszubreiten und nachdem das Bistum bereits einmal aufgelöst worden war, schwebte die Vorstellung so etwas wieder erleben zu müssen ständig über den Köpfen der Bischöfe. Umso besser also, wenn man mit dem großen Erzbistum Trier mithalten konnte, zumindest was den Zeitpunkt und den Grund der Gründung betraf.

Stellen Sie sich zudem die Frage: Was klingt besser?

a) Merseburg - Wurde benannt nach dem römischen Kriegsgott Mars

oder

b) Merseburg - bedeutet in etwas so viel, wie „mitten im Wald gelegen“

Wie Sie sehen, kann eine kleine Geschichte vieles über das psychologische Selbstverständnis einer ganzen Region berichten. Ein Schwert, gefunden von einem Hirtenjunge, welches anschließend von einem großen (Hunnen-)König stammte, anschließend durch die europäischen Könighäuser wanderte und schlussendlich verschwand. Wohin?, fragen Sie sich sicherlich. Doch dies vermag niemand mehr zu berichten.

Quellen:

Hans Biedermann: Lexikon der Symbole

Walter Saal: Sagen der Region Merseburg

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