Samstag, 5. Oktober 2013

28. Beitrag - 7 Kaiser auf einen Streich ! - Teil VII


Otto von Bismarck
Für die Franzosen war es ein Schock. Ihr mühevoll aufgebautes Kaiserreich und ihre stolze Armee, all das innerhalb weniger Wochen zerschlagen. Noch größer war jedoch die Schmach, als der Preußenkönig Wilhelm im Spiegelsaal von Versailles zum ersten deutschen Kaiser ausgerufen wurde. Deutschland war zum ersten Mal geeint. Für diese Einigung brauchte es jedoch 3 Kriege und ein Oberhaupt, dass etwas bleibendes schaffen wollte. Damit ist jetzt jedoch nicht Wilhelm I. gemeint, sondern der neue Reichskanzler Bismarck. Er war es, der die deutschen Fürstentümer in die Kriege gegen Dänemark, Österreich und Frankreich führte. Aber warum ausgerechnet ein Preuße auf dem deutschen Thron? Wie reagierte der zweite größere König im Reich, als der König von Bayern auf so einen offensichtlichen Affront?
Wilhelm I.
Er stimmte zu. Warum auch nicht, schließlich konnte Bismarck den Bayernkönig Ludwig II. finanziell ruhigstellen. Der Lebensstil des Bayern verschlang ein ziemliches Vermögen und damit er sich diesen weiterhin leisten konnte, kam er dem Reichskanzler entgegen und gab diesem seine Zustimmung. Es war vollbracht, die Einheit Deutschlands zum ersten Mal vollzogen. Dabei sah die Zukunft des Reiches längst nicht so rosig aus. Nur mit Widerwillen akzeptierte Wilhelm I. die Kaiserkrone, eigentlich wollte er sie nicht. Reichskanzler Bismarck nahm dagegen bereits sein nächstes Ziel ins Visier. Sein neugeschaffenes Reich sollte Bestand haben, aber neuer Ärger stand ihm schon vor seiner Tür. Die vier bisherigen Großmächte England, Frankreich, Russland und Österreich beäugten Deutschland misstrauisch. Nach den drei Kriegen hatten sie immerhin allen Grund dazu.
Ludwig II.
Frankreich sah sich im Nationalstolz gekränkt. Elsaß-Lothringen mussten sie an die Deutschen abgeben, ihre Armee geschlagen, der Kaiser in Haft und Reparationszahlungen in Höhe von 5 Milliarden Goldfranc. Es war eine ungeheuerlich große Zahlung. Für die Franzosen war die Sache noch nicht ausgestanden.

England zeigte zwar Interesse an der Einigung, dennoch war es ihnen im Prinzip egal. Solange die Deutschen ihre Interessen nicht störten, war es der britischen Krone ziemlich egal.

Russland wartete vorsichtig ab. Bismarck schaffte es einige Jahre lang das Zarenreich als verbündeten an sich zu binden. Dennoch war der Zar nicht immer begeistert von dieser „Freundschaft“. Sie selbst sahen sich dabei natürlich als Anführer und Deutschland in der Rolle des Juniorpartners. Das russische Kaiserhaus wollte einen zuverlässigen Verbündeten, ob es sich dabei um ein anderes Kaiserhaus oder eine Republik handelte, war ihnen egal.

Österreich erlitt zwar 1866 eine erhebliche Niederlage, kriegerisch wie politisch, dennoch suchten sie den Anschluss. Warum auch streiten? Die Interessensgebiete der zwei Kaiserreiche überschnitten sich nicht, sondern ergänzten sich eher.

Gerade in den ersten Jahren erschwerten Krisen die politische Bühne Bismarcks, denn er war es, der der eigentliche Regent war. Der Reichskanzler rang nach Oberwasser im Kulturkampf, erst gegen die Katholiken, Jahre später mit ihnen. Außenpolitisch versuchte er in der „Krieg-in-Sicht“-Krise (Klick mich!) Frankreich zu isolieren, schoss sich damit aber ein Eigentor. Russland erwies sich stets als sehr unzuverlässig, demütigten doch die russischen Diplomaten ihre deutschen Kollegen. Selbst ein Bündnis mit dem Zaren änderte nicht die allgemeine Lage, denn Russland wollte das Sagen haben. Und dann waren da ja noch die Sozialdemokraten, ein Verbot später sägte er damit langfristig gesehen nur an seinem eigenem Stuhl. Immerhin sorgte er für die Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung (1883) und der gesetzlichen Unfallversicherung (1884).
Ferdinand III.
1888 sollte zum ersten Schicksalsjahr für das Kaiserreich werden. Ein Jahr, drei Kaiser. Wilhelm I. starb im März. Sein Sohn Ferdinand III. folgte ihm auf den Thron, für 99 Tage sollte er der Regent sein. Sein Sohn Wilhelm II. übernahm und führte das Reich. Er war es, der dafür sorgte, dass Bismarck aus dem Amt gehoben wurde. Ähnlich wie Russland oder Österreich war auch Deutschland ein politisches Pulverfass. Sozialismus, Kommunismus, Nationalismus, Militarismus, Antisemitismus, Kapitalismus - Sie sehen schon, die Vielfalt der Meinungen schien keine Grenzen gesetzt zu sein. Nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers und dem Kriegseintritt des Reiches bündelte es sich anscheinend in einer Richtung: Für den Kaiser, für Deutschland! Dieser sogenannte „Turmfrieden“ war jedoch trügerisch.
Wilhelm II.
Die Erwartung Frankreich im Westen und Russland im Osten schnell zu besiegen sollte sich nicht erfüllen. An der französischen Front rieben sich die Armeen in Grabenkämpfen auf. Nicht ganz so festgefahren war die Situation im Osten, die Front war ständig in Bewegung. 1917 wurde unter größter Geheimhaltung Lenin und andere Bolschewiki nach Russland per Zug verfrachtet. Ihnen gelang es den Krieg zwar zu beenden, allerdings mussten sie dem deutschen Reich zum „Dank“ große Zugeständnisse machen. All das nützte der Führung nichts mehr. Die Soldaten waren ebenso wie der Nachschub erschöpft. Später sollte die „Dolchstoßlegende“ die Runde machen, bei der das Kaiserreich angeblich im Felde unbesiegt geblieben war und nur von hinten, also aus den eigenen Reihen, „erdolcht“ wurde. Doch diese Lüge kann nicht darüber hinwegtäuschen, wie anfällig und marode das politische System war.
Verantwortungslosigkeit und Maßlosigkeit ließen Europa in Flammen aufgehen, längst nicht so verheerend wie unter den Nationalsozilisten, dennoch war Europa anfälliger denn je für Spannungen aller Art. Die Schuld am Krieg trugen viele, die Ereignisse die zu diesem führten waren sehr komplex. Das wir heute als ein Europa zusammenstehen, mussten und müssen wir noch immer lernen. Nie zuvor in der Geschichte herrschte solange Frieden im Zentrum Europas. Gerade die enge Partnerschaft die Deutschland und seine Nachbarn heute pflegen, ist Europas Trumpf. Man kann aus der Geschichte lernen, wenn man offen für die Lektionen ist. Trotz aller Krisen, die wir heute haben, war Europa noch nie so erfolgreich, dank eines jeden Einzelnen.


Weiterführende Literatur:

Ullrich, Volker: Die nervöse Großmacht 1871-1918 

Jäger, Oliver: Die Krisenjahre 1874-1875. Die so genannte "Krieg-in-Sicht"-Krise, ein Beispiel für die Drohpolitik Bismarcks


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