Sonntag, 14. Juli 2013

16. Beitrag - Gründungsmythen


Beliebt in der Geschichtsschreibung unserer Welt sind Gründungsmythen. Sie dienen als Leitfaden und spenden uns eine Identität. Wir wollen uns ebenso an ihnen orientieren, wie wir diese nutzen, um unsere Geschichte eine feste Gestalt zu geben. Gründungsmythen sind zahlreich und oft durch die Menschen geprägt, die sie für sich nutzen wollten oder noch immer wollen.

Romulus wurde wie sein Bruder Remus durch eine Wölfin aufgezogen. Als Nachkommen des Gottes Mars, war es ihnen bestimmt eine zukünftige Weltmacht zu begründen. Der Germane Hermann bezwang die weit überlegenen Römer. Das Deutsche Reich wurde in Quedlinburg geboren, als Heinrich im Finkenherd die Königskrone angeboten wurde. Wir haben uns aber auch andere Mythen erschaffen, wie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. „Die Stunde Null“ und „Das Wunder von Bern“ kennen wir alle. Würden wir alle Mythen aus der Welt zusammentragen, so hätten wir ziemliche Platzprobleme. Deswegen soll es jetzt konkreter werden.

Heinrich I. (919-936) ließ Merseburg befestigen, da der Ort als Stützpunkt gegen die Ungarn dienen sollte. Dies geschah angeblich 922. Wir wissen aber, dass Merseburg als Burganlange bereits im Hersfelder Zehntverzeichnis auftauchte, also noch vor der Zeit Heinrichs.

„Andere behaupten freilich, daß Merseburg viel älter und bereits von den Römern gegründet worden sei, wie auch der Name Merseburg von dem römischen Kriegsgott Mars herrühre. [...] Ein Abbild des Mars soll sogar in Merseburg gestanden haben und angebetet worden sein.“ Weiterhin stand ein fränkischer Herrscher aus dem 5. Jahrhundert angeblich Pate für den Stadtnamen.

Blicken Sie zurück auf den zweiten Satz im zweiten Absatz. Fällt Ihnen die Gemeinsamkeit auf? Folgen wir dieser Mythisierung zurück zu den Wurzeln, so erscheint Merseburg auf einmal sehr trojanisch zu sein. Die römischen Feldherren waren fleißig, wenn es darum ging ihre Legionen ins Feld zu führen. Aber so tief im Feindesland ein dauerhaft befestigtes Kastell zu errichten, hätte dann doch an Wahnsinn gegrenzt.

Solche Tatsachenüberhöhungen finden wir des Öfteren in Quellen und Literatur. Für unsere Vorfahren waren diese Mythen nicht nur praktisch, denn man wollte mit ihrer Hilfe einen Rechtscharakter gewinnen. Fragen Sie sich selbst! Im Zweifelsfall zählt das Alter, und erst recht zählt es im Gewohnheitsrecht. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir weitere Beispiele zuschicken. Sätze wie: „Das war schon immer so“ bieten sich dazu an, genauer untersucht zu werden.   


Quellen:

Saal: Sagen der Region Merseburg

http://www.welt.de/welt_print/article4055127/Menschen-brauchen-Mythen.html

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