Samstag, 1. Juni 2013

10. Beitrag - Die Visitationen von Pissen

Der letzte Blog stellte eine Kurzübersicht über die Visitationen im Hochstift Merseburg dar. Nun soll es konkreter werden. Es wurden Behauptungen aufgestellt, die natürlich im Laufe der Artikel noch belegt werden.

Die Stadt, das Hochstift und das Bistum Merseburg standen bereits überwiegend im Mittelpunkt. Deswegen wird es Zeit den Blick über einige der Dörfer schweifen zu lassen. Zwei Jahrgänge der Visitationsprotolle liegen uns für das Merseburger Hochstift vor. Die Protokolle von 1562 sind überwiegend Inventarlisten über Einkünfte der Kirchen, deren Besitz und den Zustand des Kirchgebäudes. Zuweilen liest man auch etwas über den Lehnsherrn vor Ort oder über Missstände in den Dörfern. Im Jahr 1578 wird es dann schon konkreter, da man sehr viel deutlicher die „Gebrechen“ genannt hatte. In diesem Jahr fanden sogar zwei Visitationen relativ kurz hintereinander statt, so dass es also insgesamt 
3 Besuche gab. Dabei ist der Gesamtumfang der Quellen dennoch geringer, als bei der Visitation von 1562. Vergleichen wir also diese drei Visitationen von einigen der Orte.

Pissen, mit den eingepfarrten Orten Rodden, Günthersdorf, Kleinlehna und der Filialkirche in Thalschütz.

Im Jahr 1562 hatte der Pfarrer Johannes Reumann gleich mehrere Beschwerden vorzubringen:

„Erstlichen habe ich khein schweinstall“, zudem fehlte ihm ein Stall bzw. Schuppen für die Aufbewahrung von Stroh. Auch verweigerte man ihm eine gewisse Zahlung an Brot, die er vorher stets erhalten hatte. Es ging sogar noch weiter, denn die Verweigerer, Zitat: „entspieten mir ein theil schmeliche wort“ - Frei übersetzt heißt es, dass sie den Pfarrer schwer beleidigten.

11. Februar 1578
Es schien aber noch mehr im Argen zu liegen, wie man den Protokollen von 1578 entnehmen kann. Zumindest bleibt die Möglichkeit, Rückschlüsse aus den Beanstandungen der Visitatoren zu ziehen.
Soweit schien der Pfarrer - es war immer noch Johannes Reumann - seine Pflichten ordentlich zu erfüllen. Er hielt sich an die Sonntagspredigten „wie in der vorigen visitation vorordenet.“ So drehen sich die ersten fünf Punkte um seine Art der Predigten und er schien seine Sache gut zu machen.

„6. Die von Rodem komen vleissig in die kirchen, aber die von Gunttersdorf und Cleine Leina komen selten.“ Wie muss man diese Aussage verstehen? Waren die Menschen aus Günthersdorf und Kleinlehna also Müßiggänger? Vielleicht war es einfach nur der Distanz geschuldet, dass die Leute aus den beiden Orten weniger zur Kirche kamen. So liegt Rodden mit keinen zwei Kilometern Abstand deutlich näher als Günthersdorf. Auch wenn es für uns heutzutage keine großen Distanzen sind, müssen wir immer an die schwierigen Wege- und Straßenverhältnisse von damals denken. Denn gut ausgebaute Strecken waren dürftig zu finden. Sicherlich taten die Jahreszeiten und Witterungsverhältnisse ihr Übriges.

Der Pfarrer kümmerte sich gut um die Kranken und so lesen sich die Worte der Visitatoren als Lob für ihn. Zudem hält er Leichenpredigten, sofern es bei einem Begräbnis gewünscht wurde. Bei den Hochzeitspredigten gab es allerdings Probleme. Die Menschen kamen nur verspätet an, waren betrunken und laut.  Zumindest wurde Johannes dazu angehalten, die Trunkenheit und das Zuspätkommen abzuschaffen. „Von zaubern weis der pfarher nicht“, aber das nachfolgende „Gebrechen“ lässt sich mit den Worten der Visitatoren kurz und bündig zusammenfassen: „vil gottslestere“. Was also wollte der Pfarrer dagegen unternehmen? Immerhin blieb ihm die Möglichkeit Strafen anzudrohen und diese auch mit Hilfe der Obrigkeit durchzusetzen. Stattdessen aber wollte er lediglich stets ermahnen die Kirche zu besuchen. Von den Leuten der eingepfarrten Orte erhielt er viel Lob. Seine Predigten, die Krankenbesuche sowie seine „sanftmut“ stießen durchweg auf Akzeptanz.

Am 16. September 1578 war es dann wieder soweit. „Des orths ist keine Schule“, die eingepfarrten Orte sicherten aber zu, dass ein Schulgebäude errichtet werden sollte. Feststand auch, dass dieses halbe Jahr seit dem letzten Besuch nicht reichte, die Menschen mehr die Kirche besuchen zu lassen. Ebenso hatte er es nicht geschafft Trunkenheit, Zuspätkommen und Geschrei während den Hochzeitspredigten abzuschaffen. An den Sonntagen gab es auch weiterhin Pferd- und Handarbeit. Gotteslästerung wurde weiterhin betrieben. Aber mal ganz ehrlich, ein halbes Jahr konnte unmöglich ausreichend sein, um die Gewohnheiten der Menschen vor Ort zu ändern.  

So zwiespältig einige der Aussagen wirkten, wurde eines jedoch deutlich: Die Menschen mochten ihren Pfarrer und vertrauten ihm.

Quelle:

Friedensburg: Die Protokolle der Kirchenvisitationen im Stift Merseburg von 1562 und 1578.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen